Der Zwergspitz - Der Pomeranian


Ein Rasseportrait


INHALTSVERZEICHNIS:

Vorwort

Zwergspitz Pomeranian Geschichte Erziehung Standard

Vorwort

Schon sehr früh erkannte man die Nützlichkeit der Miniaturformen unserer Haushunde, die - im Gegensatz zur oft gehörten Meinung - durchaus robust, widerstandsfähig und wetterfest sind. Ihre Wachsamkeit und ihre Verteidigungsbereitschaft stehen im umgekehrten Verhältnis zu ihrer Körpergröße. Und in Zeiten des Hungers waren sie leichter als die Großen zu erhalten. Daher wurden Haushündchen mit langem Fell in vielen Kulturen gezüchtet, die in den kalten und zugigen Behausungen vergangener Zeiten hervorragende Wärmespender waren - auch aufgrund ihrer Normaltemperatur von um die 39 Grad. Das waren der Japan-Chin in Nippon, der Pekinese oder auch der Shi-Tzu in China, um nur einige Beispiele zu nennen. Der in unserem Kulturkreis älteste Miniaturhund war der Spitz (siehe "Grabbeigaben der Latènezeit"). Plinius, der Klatschkolumnist der Antike, weiß zu berichten, dass die römischen Damen ihre Schoßhündchen mit ins Bett nahmen, weil sie ausgezeichnet gegen Bauchschmerzen halfen. Von ihren anderen Diensten kündet dieser römische Vers:

 

"Die Diebe fuhr ich an, 

Die Liebhaber ließ ich ein,

So konnten Herr und Frau

Mit mir zufrieden sein."

 

So wird von solchen Wächter-Schoßhunden erzählt, dass sie dazu erzogen wurden, sich nähernde Diebe heftig anzubellen, während sie die Liebhaber der Herrin allerdings ohne Gebell einzulassen pflegten. Ich wette, jeder Spitz, groß oder klein, hätte auch heute noch seine diebische Freude an so einem Job!


Die Geschichte des Zwergspitzes


Vero Shaw Black Pomeranian Book of dog
Ein Mannheimer Spitz bewacht die Ladung einer Kutsche (C)

Als sogenannter "Damenhund" war der Zwergspitz früher vor allem deshalb beliebt, weil er sich neben seiner Niedlichkeit auch durch ausgesprochene Treue, Anhänglichkeit und Wachsamkeit auszeichnete. Der kleinste unter den Spitzen ist ein sehr munterer, drolliger Geselle, dem kein Weg zu weit ist und der trotz seiner geringen Größe den Schneid hat, auch noch die allergrößten Hunde frech anzubellen. Diese lassen es sich oftmals gefallen, da es unter ihrer Würde zu sein scheint, den winzigen Frechdachs zur Ordnung zu rufen.

 

Spitze waren in den vergangenen Jahrhunderten über ganz Mitteleuropa verbreitet und es gab wohl früher kein Gehöft oder Fuhrwerk, das nicht einen Spitz als Wächter aufzuweisen hatte. Je nach Art des Arbeitseinsatzes der jeweiligen Hunde kristallisierten sich nach und nach verschiedene Größen- und Farbschläge heraus, die dem jeweiligen Verwendungszweck und der Lebensweise der Menschen angepasst waren. So fand man auf den großen Höfen auch entsprechend große Wolfsspitze, die mit bis zu 60 cm Schulterhöhe auf jedermann viel Eindruck machten. Auf den Schiffen und den holländischen Barken bevorzugte man die etwas zarteren Keeshonden, während der Fuhrmannsspitz, der neben dem Kutscher auf dem Bock saß und die Ladung mit seinem Leben bewachte, durchweg ein kleiner Spitz war. Nach Feierabend wurde in alter Zeit gern noch irgendwo gemütlich eingekehrt und dabei wurden mitunter auch ein oder mehrere Krüge Wein geleert. Schlief der Bauer dann auf der Heimfahrt ein (das Pferd kannte ja den Weg zum heimischen Stall), überwachte der kleine Spitz den Bauern, das Pferd und den Wagen. Vor allem passte er aber auf den Geldbeutel des Bauern auf. Dort ließ er niemanden heran.

Pommern Pommer Ursprung Deutscher Spitz Pommerle
"Pommerle" verweist auf das ostdeutsche Land Pommern, das in früheren Zeiten für seine herrlichen, weißen Spitze bekannt war.

Zu dieser Zeit unterschied man nur zwischen großem und kleinem Spitz. Zu den großen Spitzen gehörten die Wolfsspitze und eben alle Spitze, die keine kleinen Spitze waren. Die kleinen Spitzhunde kannte man damals auch unter dem Oberbegriff "Zwergspitz", obwohl sie früher gar nicht mal so zwergig waren. Ihre Heimat ist Süddeutschland, wo sie vor allem in Mannheim und Umgebung, Stuttgart und überhaupt in Württemberg gezüchtet wurden. Dort wurden sie auch gern "Pommerle" genannt. Oder Spitzer. Das Wort "Spitz" war dem Schwaben wohl nicht geheuer, zu kurz, zu hart, zu preußisch.

  

Im 19. Jahrhundert war der Name "Pommer" ein Sammelname für die Spitztypen verschiedener Größe. Heute ist die Bezeichnung ungebräuchlich geworden. Vor allem Laien kennen nur noch den allgemeineren Ausdruck "Spitz", der im Prinzip für alle Hunde steht, die Stehohren und Ringelrute, sowie langes Haar haben und die von mittlerer Größe sind. Dass die urdeutschen Wörter "Spitz", "Spitzer" oder "Spitzhund" so allgemein verbreitet sind und sogar im Ausland für Rassen verwendet werden, die dem Spitztypen entsprechen, zeigt allerdings recht deutlich, wie lange der Spitz in Deutschland einfach schon zum Leben dazugehört. Auch kann die weite Verbreitung dieser Wörter ein Indiz dafür sein, dass der Ursprung der Rasse eben doch in Deutschland liegt.

Bungartz Racen Reinheit Hundes Spitz Zwergspitz
Zwergspitz und Großspitz (B)

Der Zwergspitz musste in der Vergangenheit voll und ganz dem großen Spitz entsprechen - er sollte sozusagen das verkleinerte Ebenbild sein - und unterschied sich von ihm lediglich durch die geringere Größe und die zierlichere Bauart. Auch seine Behaarung entsprach immer der der großen Spitze. Ohren und Pfötchen der Zwerge sollten damals sehr klein sein und zudem auch sehr fein behaart. Sein Gewicht durfte 4 kg möglichst nicht überschreiten. Laut dem Buch "Der Deutsche Spitz in Wort und Bild" (Auflage von 1937) entspringt der kleine Spitz dem großen Spitz und ist durch Inzucht bzw. Inzestzucht von besonders kleinen und feingliedrigen Tieren allmählich erzüchtet worden. 

 

In Deutschland wurde der Zwergspitz lange Zeit stark vernachlässigt und erst, als die Kleinhunde wieder moderner wurden, fiel auch uns Deutschen auf, dass wir ebenfalls herrliche Zwergrassen züchten. Die Engländer und Amerikaner, die den Trend zum Klein(st)hund bereits viel früher erkannten, tauften den Zwergspitz in "Pomeranian" um. Auch in Frankreich wurde er mit "Lou-Lou de Pomeranie" nach Pommern benannt, in Schweden entsprechend "Pomerska Spetsen".

Phylax Klub Spitz
Im Klub "Phylax" - eigentlich ein Verein für Schäferhunde - wurden die Spitze zuallererst betreut

Immer das Gleiche mit uns Deutschen, dass wir immer erstmal neidvoll nach dem Ausland schielen. Die alte, deutsche Krankheit halt. So formulierte schon der Richter Albert Kull in der "Kleintier- und Geflügelzeitung" (Stuttgart 1898) wie folgt: 

 

"[...] Hand in Hand mit diesem Fortschritt ging die unheilvolle deutsche Neigung, alles Ausländische besser und nachahmungswürdiger zu finden als das, was wir selbst haben. [...] Es ist wahrscheinlich wenig bekannt, dass diese Rasse (gemeint ist der Spitz/ Pommer, Anm. d. Autors) im Ausland viel mehr geachtet und geschätzt wird, als in Deutschland. So sind diese Hunde, die man Pommer nennt, viel mehr gefragt als bei uns und man sieht zahlreiche Exemplare auf ihren Schauen."

Mohrle Sperling Deutscher Spitz Zwergspitz
Zwergspitz "Mohrle", gezeichnet vom Tiermaler Heinrich Sperling

Spätestens mit dem Aufkommen der organisierten Hundezucht zum Ende des 19. Jahrhunderts hin, begann man, noch gezielter bestimmte Größen- und Farbschläge zu züchten, unter anderem eben die Zwergspitze. Vor dem Ersten Weltkrieg wurden diese erst vom Verein "Phylax Special Klub für Spitzer" und anschließend vom "Zwerghundeclub Berlin" betreut, während sie nach dem Ersten Weltkrieg bis heute ausschließlich vom "Verein für Deutsche Spitze" betreut wurden. 

 

In Zuchtbuch Nr. 1 des Vereins für Deutsche Spitze ist unter der Zuchtbuchnummer 52 die erste Eintragung eines Zwergspitzes zu finden. Es war ein schwarzer Rüde namens "Mohrle". Leider fehlt sein Geburtsdatum im Eintrag, da dieser Rüde jedoch bereits 1899 erste Preise und Ehrenpreise gewann, kann man wohl davon ausgehen, dass er vor 1897/ 1898 geboren wurde. 

 

1922 wurden die Zwergspitze offiziell in "Kleinspitze" umbenannt, Gründe unbekannt. Vielleicht gefiel schlicht der Name nicht mehr, denn im Begriff "Zwerg" schwingt ja für manche durchaus etwas Degeneriertes bzw. Missgestaltetes mit.

Mannheimer Zwergspitz
(D)

Bis zum Jahre 1922 gab es nur Zwergspitze, die 26 cm groß sein durften. Nach Wegfall der Bezeichnung "Zwergspitz" blieb die Größe jedoch unverändert. Obwohl die Wiedereinführung des Namens "Zwergspitz" in späteren Jahren immer wieder gefordert wurde - hierbei ging es jedoch hauptsächlich um die Umbenennung der Kleinspitze - dauerte es noch bis 1974, bis der Zwergspitz erneut aus der Versenkung geholt wurde. 

 

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren, wie beim großen Spitz, auch beim Zwergspitz alle Farbschläge erlaubt, wobei der schwarze Zwergspitz derjenige war, der am besten durchgezüchtet war. Im Volksmunde war er damals auch als "Mannheimer Spitz" bekannt und durchaus berüchtigt als sehr scharfer und sehr wachsamer Fuhrmannspitz. Neben dem schwarzen Zwergspitz gab es braune Exemplare - vom hellsten Hellbraun bis hin zum sattesten Schokoladenbraun - sowie graue, fuchsrote und stahlblaue Zwergspitze, und ebenso orangefarbene und gescheckte Zwerge. Keinesfalls zu vergessen ist der weiße Zwergspitz, den man seitens des Vereins für Deutsche Spitze als "am schönsten und edelsten" empfand, so steht es jedenfalls in einer Spitzbroschüre aus dem Jahre 1905. Kreuzungen zwischen allen Farbschlägen waren damals erlaubt, die so gezüchteten Tiere bekamen allesamt Papiere und konnten problemlos an den Mann gebracht werden. Dennoch blieben die Züchter vorwiegend der farbreinen Zucht verhaftet. 

 

Viele bedeutende Männer und Frauen waren (Zwerg-)Spitzliebhaber: So hatte Michelangelo einen zum Haustier, der, während Micha die Decke der Sixtinischen Kapelle verschönerte, auf einem Satinkissen saß und aufpasste, dass ja nicht mit der teuren Farbe gekleckert wird. Auch Mozart hatte einen kleinen Spitz und widmete diesem eine seiner Arien. Und Isaac Newton besaß einen Zwergspitz namens "Diamond", der ihm gern bei seiner Arbeit als Naturforscher half. Mehr Spitze mit berühmten Besitzern hier.

Der Zwergspitz erobert England


Charlotte von Mecklenburg-Strelitz Spitz Pomeranian
Charlotte mit einem Spitz, gemalt von Stroehling (1807)

Wo auch immer die kleinsten Spitze auftauchten, fanden sie sofort Freunde. So verwundert es nicht, dass sie schon bald erfolgreich über den Kanal nach England und von dort aus über den großen Teich nach Amerika immigrierten. Dort taufte man sie in "Pomeranian" um, was jedoch ihre deutsche Abstammung nicht verbirgt, weist der Name - wie bereits erwähnt - auf das deutsche Pommern hin. 

 

In der Mitte des 18. Jahrhunderts kamen die ersten Spitze nach England. Der früheste Beleg dafür findet sich in einem Begleitschreiben der Prinzessin Charlotte von Mecklenburg-Strelitz vom 28. November 1767. Charlotte war die Ehefrau des englischen Königs Georg III. und stammte aus Mecklenburg-Strelitz, das westlich von Pommern liegt. Charlotte schenkte damals dem Lord Haarcourt, der 1761 die Heirat zwischen Charlotte und Georg aushandelte, ein Pärchen "Pomeranian Dogs", welche sie direkt aus "Pomerania" - also Pommern - importieren ließ. Sie hießen "Phoebe" und "Mercury" und waren die Lieblinge am englischen Hof. Beide wurden auch sehr oft auf den Porträts der königlichen Familie dargestellt. 

 

Schließlich zogen 100 Jahre englische Spitzzucht ins Land, bis sich Charlottes Enkelin Königin Victoria (weitaus engagierter als ihre Großmutter) der Zucht der kleinen Spitze widmete. Insbesondere ihr Lieblingshund "Windsor Marco" war damals besonders berühmt. Im Jahre 1888 verliebte sich die Königin in Florenz in den orangefarbenen Marco und nahm ihn mit nach England. Für damalige Verhältnisse war Marco allerdings recht klein, denn er wog "nur" 5 kg. Zu dieser Zeit verstand man unter einem "Pomeranian" allerdings eher einen Hund, der bis zu 30 cm Schulterhöhe hatte - oder sogar noch größer war. Dagegen war Marco natürlich ein echter Mickerling. 

Pomeranian and Pekingese
Aus einem britischen Kinderbuch: Tiny Pom says "As for me, I came here from Germanee."

Im Jahr 1861 schrieb ein Brite namens John Meyrick das Folgende: "Der Pommer ist im Gegensatz zum Mops ein neuer Import in dieses Land, obwohl er in Deutschland seit jeher bekannt ist." Er stellte fest, dass die Spitze normalerweise weiß, cremefarben oder schwarz waren und eine durchschnittliche Höhe von 14 Zoll (rund 35 cm) hatten. Also wirklich nix mit Zwerg zu dieser Zeit!

 

Erstmalig stellte Victoria den schönen Marco 1891 aus, dieser sorgte für wahre Begeisterungsstürme unter den Zuschauern. Durch ihn stieg die Beliebtheit der Pomeranians in England massiv an. Da dadurch die Nachfrage nach kleinen Pomeranians - wie Marco - plötzlich enorm zunahm, setzte sich Victoria vor allem für ihre allmähliche Verzwergung ein, denn neben den Hunden der Königin sahen die anderen, größeren Pomeranians doch relativ grobschlächtig und unelegant aus. 

 

G. M. Hicks (der Schatzmeister des Pomeranian Clubs) schreibt in seinem Buch "The Pomeranian" (1908), dass die Rasse, die man in England bereits 1890 "Pomeranian" nannte, auf dem Kontinent unter den verschiedensten Namen bekannt war: Wolfsspitz, Spitz, Volpino, Lupino, Lou-Lou und eben Pommer.

 

Erst später wurde der Ausdruck "Pomeranian" ausschließlich für die Zwergform des Spitzes gebraucht, die in England vermutlich erstmalig 1863 in Chelsea ausgestellt wurde. Die Tiere sollten nicht über 10 Pfund wiegen und jede Fellfarbe war zugelassen. Im Jahre 1905 waren zu einer englischen Schau 124 Pomeranians gemeldet - eine unglaublich hohe Anzahl an Meldungen, die damals nicht mal die eifrigsten, deutschen Spitzfreunde auf die Beine gebracht hätten. 

Windsor Marco
"Windsor Marco"

Im Jahre 1873 wurde der englische "Kennel Club" gegründet und bereits das erste, im Jahre 1874 herausgegebene Zuchtbuch listete den Pomeranian als eigenständige Rasse neben 40 anderen Hunderassen auf. 1891 wurde schließlich der "Pomeranian Club" gegründet, der ausschließlich den Pommi führte.

 

Um die sukzessive Verzwergung der Pomeranians zu erreichen, wurden viele Zwergspitze aus Deutschland importiert und in die englischen Linien eingekreuzt. Die immer zierlicher werdenden Hündchen verdrängten schließlich den großen, altmodischen Pomeranian immer stärker, bis der englische Standard eine Größenobergrenze von 28 cm für den Pomeranian festlegte.

 

Die Engländer gaben dem Zwergspitz einst den Namen "King of Toys", was nicht etwa "König der Spielzeuge" bedeutet, sondern sowas wie "König der Zwerghunde". Man wollte damit wohl die herausragende Stellung, die der Zwergspitz innerhalb der Schoßhunde hatte, unterstreichen, denn er war wahrhaft "fashionable". Sozusagen ein Modehund. Und diese herausragende Stellung hat sich der kecke, kleine Kerl auch redlich verdient. 

Spitz-Hysterie in Amerika


Zwergspitz Lithographie Little King of Stars Pomeranian
Ein prächtiger Zwergspitz auf einer Zeichnung von 1890

Als der Zwergspitz schließlich so richtig "en vogue" geworden war, trat er - wie viele andere Rassen - seinen Siegeszug von England aus über den großen Teich nach Amerika an. Die ersten amerikanischen Pomeranian basierten damals daher ausschließlich auf englischen Linien.

 

Ab den späten 1870er Jahren fiel vor allem der weiße Deutsche Spitz in den USA jedoch bereits in Ungnade. Auslöser war der 1876 in der New York Times erschienene Artikel "A Whited Canine Sepulchre". In diesem Pamphlet brandmarkte der Autor den Deutschen Spitz als besonders aggressiv und bissig und beschuldigte ihn der massiven Verbreitung der Tollwut in den USA. Dieser Zeitungsartikel ging so weit, dass er eine Bestrafung für jeden forderte, der die Rasse weiterhin nach Amerika importierte. Auch schlug der Autor das Abschlachten all derer Spitze vor, die bereits im Land waren.

 

Es begann eine völlig irre Hexenjagd auf den Spitz, der zu dieser Zeit unter anderem als eines der vier gefährlichsten Tiere in den USA galt. Diese Hexenjagd gipfelte darin, dass man fast 800 Hunde - die in Einheiten von je 48 Tieren in einen Eisenkäfig gesperrt wurden - im Hudson River ertränkte. Da das Spektakel in der Öffentlichkeit stattfand, hatte sich jede Menge Schaulustige dort versammelt, um der Tötung der Hunde beizuwohnen. 

 

Erst Königin Victorias öffentlicher Einsatz für den Spitz und für dessen Zucht beendete diesen amerikanischen Wahn allmählich (Die englische Königin durfte man schließlich nicht kritisieren und die stellte halt auch weiterhin ihre Hunde aus, wie es ihr beliebte.). Schließlich konnten erstmals ab 1888 Deutsche Spitze beim American Kennel Club (AKC) registriert und auch in Amerika auf Hundeschauen gezeigt werden. 

 

Der ganze Artikel über die völlig geisteskranke Spitz-Hysterie in den USA ist hier zu lesen: "Der Spitz muss ausgerottet werden!" 

 

Es scheint so, dass der Deutsche Spitz in Amerika möglicherweise auch deswegen niemals unter seinem eigentlichen Namen "Spitz" geführt wurde - geführt werden konnte - weil man so das Stigma des tollwütigen Monsterhundes des ausgehenden 19. Jahrhunderts loszuwerden versuchte, welches eben nur dem Spitz, nicht aber dem Pomeranian anhaftete.

Titanic Hunde
Die Überlebenden des Untergangs der Titanic: Links "Lady" von Margaret Bechstein und rechts der Pomeranian von Elizabeth Rothschild.

Der erste, amerikanische Standard lehnte sich fast komplett an den englischen Rassestandard an. Fast, weil sich der Standard der Amerikaner von 1900 und der britische Standard von 1892 in bestimmten Bereichen - wie in dem Punkt Fellfarben - durchaus unterscheiden. Der US-Standard von 1916 war dann allerdings derselbe wie der der Briten von 1909.

 

Ein Rüde namens "Dick" war der erste in die USA importierte Pomeranian, der direkt ins Zuchtbuch des AKC eingetragen wurde. Er kam im Dreikaiserjahr 1888 in Amerika an und wurde 1892, als der erste Vertreter seiner Rasse, in New York ausgestellt.

 

Rasend schnell wurde der Zwergspitz im damaligen Amerika populär und bereits im Jahre 1909 wurde der "Pomeranian Club" Mitglied im AKC. Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts wurde der Pommi in Amerika zu einer der beliebtesten Hunderassen.

 

Interessanter Fakt: Den Untergang der Titanic am 02. April 1912 überlebten nur drei Hunde, zwei davon waren Zwergspitze (wundert mich jetzt nicht wirklich). Die Hunde wurden, in Decken gehüllt, auf die Rettungsboote Nummer 6 und 7 mitgenommen. Mitgenommen vermutlich im Sinne von "geschmuggelt". Die Spitzchen gehörten Margaret Bechstein Hays und Elizabeth Jane Anne Rothschild.

Charakter & Erziehung des Zwergspitzes


Zwergspitz Charakter Erziehung Wesen
Selbstbewusst, selbstbewusster, Zwergspitz! 😎

Im Wesen vereinigt der Zwergspitz alle positiven Merkmale seiner großen Vettern - er ist quasi die "Taschenausgabe" der großen Schläge. Nur lassen Sie ihn nicht allzu lange in der Tasche, denn dann wird's ihm unter Garantie zu warm. 😉

 

Der Zwergspitz ist bestechend niedlich und nennt ein wunderschönes Fell sein Eigen. Er ist durchaus gut erziehbar, die Voraussetzung dafür ist allerdings absolute Konsequenz seitens des Halters, denn ein Spitz ist ein Spitz, egal wie groß oder klein er ist. Auch ist er trotz seiner Kleinheit ein absolut zuverlässiger Wächter. Und wie alle Spitze ist der Zwergspitz durch seine seelische Anschmiegsamkeit ein idealer Gefährte für Kinder und Senioren.

 

👉🏻 Ich will den Zwergspitz hier wirklich keinesfalls als Modehund anpreisen, möchte aber dahingehend wirken, gewisse Vorurteile abzubauen. Ein gut gezüchteter Zwergspitz ist äußerst pflegeleicht und haart auch nicht mehr, als ein kurzhaariger Hund, wobei die kurzen Haare wesentlich schwerer zu beseitigen sind, als die langen. Auch der Ruf eines Kläffers wird ihm fälschlich angekreidet. Der ordentliche Deutsche Spitz - egal wie groß - ist nun mal wachsam, misstrauisch und unbestechlich, was er auch zum Ausdruck bringt. Dabei ist der Zwergspitz allerdings genauso erziehbar wie jeder andere Hund, das Kläffen muss eigentlich nicht sein. Seinen Hang zum Bellen kann man bei entsprechender Erziehung also auf ein Mindestmaß reduzieren. Auch sein angezüchtetes Verhalten als Wachhund kollidiert zu Unrecht mit seiner Eignung als Familienhund. Ein Wachhund ist ein Hund, der seine Familie allzeit bewacht und beschützt - und nicht jeder fremden, zwielichtigen Gestalt auch noch Pfötchen gibt oder sich mit einem Leckerli bestechen lässt. Daher muss er als ordentlicher Familienhund durchaus scharf und wachsam sein, wenn er seine Familie eben auch wirksam schützen soll.

Pomeranian Wesen Charakter
Typisch Spitz....😂

Zwergspitze bellen allerdings nicht nur, wenn sie ihrem Herrchen oder Frauchen etwas Wichtiges mitteilen wollen, sondern auch aus reiner Lebensfreude. Dies ist ihre Art und Weise der Umwelt mitzuteilen, dass sie sich pudelwohl fühlen. Besitzer vom Zwergspitz können recht gut zwischen einem Alarmbellen und einem Jubelbellen unterscheiden.

 

Bei aller Niedlichkeit darf man allerdings nicht vergessen, dass auch ein kleiner Hund ein ganzer Hund ist. Der Zwergspitz ist nach wie vor ein Wachhund und sollte auch wachen dürfen. Deutsche Spitze wurden seit erdenklichen Zeiten zu Wächtern erzogen, sie wurden jedoch niemals zum Jagen abgerichtet, daher wildert und streunt ein echter Spitz auch nicht. Das macht Spaziergänge mit dem Zwerg so angenehm, da er bei entsprechender Erziehung nicht abhaut und somit viel ohne Leine unterwegs sein kann.

 

Der Zwergspitz ist in der Regel ein Hund, der Arroganz nur so strotzt. Das Ganze garniert mit einem Selbstbewusstsein, so groß wie ein Scheunentor. Auch Spitzchens Wachsamkeit und seine Bereitschaft zur Verteidigung seiner Liebsten sind bei ihm ähnlich ausgeprägt, wie bei den Großen. Vermutlich weiß er einfach nicht, wie klein er eigentlich ist. Vielleicht ist es ihm auch egal? Eines kann man jedoch frei von der Leber weg behaupten: "Je kleiner der Spitz, umso frecher." 😎 

Goliath Zwergspitz gefährlich Erziehung konsequent
Kampfzwerg Goliath (© Hamburger Tierschutzverein von 1841 e.V.)

Auch die kleinste Ausgabe des Deutschen Spitzes ist ein ganz normaler Hund, der sich gern bewegt und durchaus unternehmungslustig ist. Der Zwerg liebt lange Spaziergänge und ist beileibe kein Schoßhund, daher möchte er auch nicht den ganzen Tag als Kinderersatz oder Accessoire in einem Täschchen herumgetragen werden!

 

Geeignet ist er für aktive Menschen, die den kleinen Dickkopf zu schätzen wissen. Für Menschen, die jedoch absoluten Gehorsam erwarten oder aber Probleme haben, sich durchzusetzen bzw. sich Gehör zu verschaffen, ist der Deutsche Spitz - egal in welcher Größe!!! - nicht der richtige Hund. So kommt es durchaus vor, dass schlecht geführte Zwergspitze ganze Familien strammstehen lassen. Insofern darf man sich keinesfalls von der Niedlichkeit und Kleinheit der Zwergspitze täuschen lassen, denn auch so kleine Hunde können ihre Halter schwerwiegend verletzen. Ein gutes Beispiel ist Goliath, der nicht nur seine Halter, sondern auch den Hundekontrolldienst massiv verletzt hat und vom Hamburger Tierschutzverein höchstselbst als "gefährlich" beschrieben wird: Link zu Goliath

 

Wer jedoch bereits im Welpenalter des Zwergs mit konsequenter Erziehung beginnt, wird in seinem Zwergspitz einen unglaublich treuen Gefährten finden, der mit ihm durch dick und dünn geht.

 

Ganz ausführliche Informationen über den Charakter und die Eigenheiten des Deutschen Spitzes finden Sie in meinen Artikel "Über das Wesen des Spitzes".

Der Rassestandard des Zwergspitzes/ des Pomeranians


Im Hinblick auf das äußere Erscheinungsbild gilt für den Zwergspitz im Prinzip das gleiche, wie für alle anderen Deutschen Spitze: Sie alle bestechen durch ihr wunderschönes Haarkleid, das durch die reichliche, wattige Unterwolle unbedingt abstehen muss, um auch ja wetterfest zu sein. Besonders beeindruckend ist der löwenmähnenartige Kragen, aus dem der fuchsartige Kopf mit den kleinen, flinken, mandelförmigen Augen keck hervorschaut. Der kurze, kräftige Körper mit dem geraden Rücken und dem mäßig aufgezogenen Bauch wird elegant auf Katzenpfoten durch die Weltgeschichte bewegt.

 

Kühn ist der Zwergspitz und kühn trägt er die prächtige Ringelrute über dem Rücken. Seine Brust ist breit, der Körper ist von guter Knochenstärke - jedoch alles im Rahmen, also moderat. Keinesfalls sollte der ordentliche Zwergspitz die typisch-amerikanischen Sauerkrautstampfer aufweisen. Die Läufe selbst gerade, mit breitem Stand, die Hinterhand darf nur leicht gewinkelt sein. 

Rassestandard Zwergspitz Pomeranian

Ein richtiger Deutscher Spitz - egal in welcher Größe - ist kurz und gedrungen gebaut, bei verwegener Haltung soll er im Prinzip "muffartig" erscheinen. Das Verhältnis von der Höhe zur Länge des Hundes beträgt 1:1.

 

Seine Stirn ist gut gerundet und von den kleinen Stehohren umrahmt, die ihm das charakteristisch-kesse Aussehen verleihen. Die Schnauze darf weder zu lang, noch zu kurz sein, daher wird das Verhältnis von Schnauze zu Oberkopf beim Zwergspitz/Pomeranian mit ca. 2:4 angegeben. Leider wird sich nur sehr oft nicht daran gehalten, sodass viele Zwergspitze viel zu kurze Schnauzen vorweisen. 

 

Der aktuelle Standard gibt für den Zwergspitz eine Größe von 18-24 cm vor, das Gewicht sollte der Größe des Tieres entsprechen. In England und Amerika hingegen wird mit Gewichtsvorgaben gearbeitet: Es gibt keine Obergrenze für die Größe, sondern man limitiert das Gewicht der Hunde. Rüden dürfen dort 1,8 bis 2 kg und Hündinnen 2 bis 2,5 kg wiegen. Auf den dortigen Hundeschauen sieht man allerdings, ebenso wie bei uns, zumeist nur Exemplare bis etwa 22 cm.

Unterschied Zwergspitz Pomeranian
Links ein richtiger Zwergspitz, rechts ein Pomeranian im Bärchentypen mit zu kurzer Schnauze und zu runder & zu haariger Stirn

Wie bei allen Spitzen soll der Stopp mäßig ausgebildet sein, jedoch niemals abrupt. Bedauerlicherweise wird auch dieser Punkt des Rassestandards seitens vieler Züchter lediglich als Empfehlung empfunden, da wahnsinnig viele Zwergspitze eine viel zu stark gerundete Stirn aufweisen (Apfelkopf) und ergo einen zu stark betonten Stopp. 

 

Die Augen des Zwergspitzes sind mittelgroß, mandelförmig, etwas schräg gestellt, von dunkler Farbe. Auch hier ist die Realität oft eine andere, da große Kulleraugen, kurze Schnauze und runde Stirn dem Zwergspitz jenes bärchenhafte Aussehen verleihen, auf das die zahlenden Käufer so abfahren (die Kasse muss ja klingeln). Nur hat ein Hund mit dieser Optik nur noch wenig bis nichts mit dem Deutschen Spitz zu tun.

  

Der gesunde Spitz hat ein vollständiges Scherengebiss mit 42 Zähnen. Da bei sehr kleinen Hunderassen aufgrund des winzigen Kiefers durchaus ein paar Probleme mit den Zähnchen auftreten können, werden beim Zwergspitz/Pomeranian geringe Prämolarverluste toleriert. Auch ein Zangengebiss ist zulässig. 

Gang des Spitzes Pomeranians
Dieses Bild beschreibt den Gang des Spitzes einfach perfekt! 😄

Der Hals des kleinsten Spitzes ist wie bei allen Spitzen mittellang, also weder giraffenartig noch so kurz, dass man ihn gar nicht mehr sieht.

 

Zum Gang: Deutsche Zwergspitze/Pomeranian bewegen sich bei gutem Schub gerade, flüssig und federnd. Ein bisschen so, als liefen sie auf Stöckelschuhen...

  

Der Kopf, die Ohren, die Vorderseite der Läufe und die Pfoten sind kurz und dicht, fast schon samtig behaart, der übrige Körper ist mit langem Stehhaar bedeckt, das sich deutlich vom Rest des Fells absetzen soll. Das Fell ist nicht gewellt, gekräuselt oder zottig und auf dem Rücken nicht gescheitelt. Hals und Schultern bedeckt eine dichte Mähne. Die Rückseite der Vorderläufe ist gut befedert, die Hinterläufe sind von der Kruppe bis zu den Sprunggelenken üppig behost, die Rute ist buschig behaart. 

Zwergspitz und Großspitz Lithographie Loulou de Pomeranie e grande race
Zwergspitz und Großspitz auf einer Zeichnung von ca. 1890

Das doppelte Haarkleid des Zwergspitzes schützt ihn vor Kälte, Hitze und Verletzungen. Es wird niemals (!) bis auf wenige Millimeter herunter geschoren, das ist eine Todsünde. Eine Schur schadet der Fellstruktur nicht nur immens, nein, oftmals wächst das Haar danach nicht wieder normal nach. So ein Hund sieht dann sein Leben lang aus, wie ein gerupftes Huhn. Zudem verliert das Fell im schlechtesten Fall seine Isolierfähigkeit und schützt so nicht mehr ausreichend. Eine Ausnahme stellt der alte Spitz dar: sofern ihm sein Fell im Sommer zu sehr zu schaffen macht, kann man es durchaus kürzen, aber eben nicht bis auf die Haut abscheren.

 

Werden Spitzhunde kastriert, entartet das Fell ebenfalls oft zu unförmigen Fellmassen, die kaum mehr zu pflegen sind. Deshalb sollte ein Zwergspitz wirklich nur aus Krankheitsgründen kastriert werden, nicht aber, um ihn besser führen zu können. Das ist ein furchtbarer, irreversibler Trugschluss. 

  

Was die Fellfarben des Zwergspitzes anbelangt, ist im Prinzip alles erlaubt. Sei es das stark verbreitete Orange, sei es Creme, Black & Tan, Grau und Schecken oder die mittlerweile wieder sich auf dem Vormarsch befindlichen, reinen Farben Schwarz und Weiß. Verpaarungen aller Farben untereinander sind beim Zwergspitz - anders als bei allen anderen Spitz-Varietäten - erlaubt.

Deutscher Zwergspitz alter Schlag
Ein Zwergspitz mit langer Schnauze und Fuchsgesicht

Im Klartext heißt das, dass die im Verein für Deutsche Spitze zugelassenen Farben Weiß, Schwarz, Braun, Orange, Graugewolkt und andersfarbig sind. Als Andersfarbig gelten folgende Farben: Creme, Creme-Sable, Black-and-Tan und Scheckungen. Da die bisherige Formulierung aufgrund ihrer Schwammigkeit immer wieder zu Unklarheiten geführt hat, wurde diese bei der letzten Standardänderung entsprechend klarer umformuliert. Dadurch entfiel unter anderem die Notwendigkeit, bei den disqualifizierenden Fehlern die Farbe "Merle" gesondert aufzuführen.

 

Merle ist also nicht zugelassen - und das aus gutem Grund: Das Merle-Gen ist zum einen ein Defektgen und hat zum anderen nichts im Spitz zu suchen, da es über die Einkreuzung von Fremdrassen in den Spitz eingebracht wurde. Ein Spitz in der Farbe Merle ist also zwangsläufig nicht reinrassig! Würde ich mir ja gut überlegen, ob ich für einen Mischling so viel Geld ausgeben möchte....

Die Zuchtgeschichte des Zwergspitzes in Deutschland


weißer Zwergspitz

Nachdem der Züchter und Richter Joachim Weinberg zuerst den Chihuahua und anschließend den chinesischen Nackthund in der BRD bekannt gemacht hatte, wandte er sich dem Pomeranian zu, den er auf Auslandsreisen entdeckt hatte. Um 1970 wurden die ersten Tiere von ihm nach Deutschland importiert.

 

Da mit der Zeit mehr und mehr Tiere nach Deutschland importiert wurden, wollte der "Verband der Kleinhundezüchter" die aus dem Ausland kommenden Pomeranians für sich beanspruchen. Dies konnte seitens des "Vereins für Deutsche Spitze" allerdings unter keinen Umständen zugelassen werden, da es einem Rückfall in die zwanziger Jahre gleichgekommen wäre, als zwei Vereine gleichzeitig die Zwergspitze führten. 

 

So konstatierte man im Verein wie folgt:

"Wir sind die alleinigen Vertreter der "Deutschen Spitze" und haben die Pflicht, diesen Namen vor allen Verfälschungen zu bewahren. Bestärkt werden wir nachträglich durch die Gründer unseres Vereins, die schon 1925 erklärten: "Es gibt keinen englischen Spitz". Bereits im Vorwort der im Jahre 1900 festgelegten Rassekennzeichen ist zu lesen: "Daß der Spitz zuerst in Deutschland, und zwar vorzugsweise an den Ostseeküsten zur bestimmten Rasse ausgebildet wurde, bezeichnen unter anderem schon die alten Benennungen dieser Hunde als "canis Pomeranus", wie auch das englische "Pomeranian" und das deutsche "Pommer"." [1]

Königsspitzer alte Postkarte

Beinahe wären die Pomeranians - allen hübschen Argumenten zum Trotz - dennoch im Verband Deutscher Kleinhundezüchter gelandet: in letzter Minute und unter maßgeblicher Mitwirkung des damaligen 2. Präsidenten des VDH, Dr. Bandel, verhinderte der Hauptvorstand des Spitzvereins dies. Am 3. Februar 1974 erweiterte der Verein seinen Rassestandard um die Varietät "Zwergspitz", um den Pomeranian innerhalb dieser Varietät mit in den Standard für den Deutschen Spitz aufnehmen zu können. 

 

Die Änderung des Rassestandards, die zur Integration des Pomeranians nötig war, erfolgte ohne Beschluss der Generalversammlung, sondern nur durch den damaligen Hauptvorstand auf der Sitzung vom 03.02.1974. Wir haben "über den Kopf der Generalversammlung hinweg gehandelt", äußerte sich Werner Jäger dazu. Der Beschluss erfolgte wohl unter Druck des VDH und führte zur Erweiterung des FCI-Standards um den Zwergspitz. [7] 

"Auf der HV-Sitzung am 3. 2. 1974 in Frankfurt wurde die Einführung des Zwergspitzes beschlossen. Vorausgegangen war, dass seitens des VDH in Dortmund Bestrebungen im Gange und fast zur Ausführung reif waren, die Rasse „Pomeranians“ einem anderen Rassehundverband zuzuteilen. Hierauf erhob ich formal Einspruch, was jedoch nicht genügte. Verlangt wurde ein HV-Beschluss. Unser Vorstand vertrat den Standpunkt, dass „Pomeranians“ kleinste Spitze sind. Allerdings so klein, dass sie nicht den Kleinspitzen vorbehaltlos zuzuordnen waren, wie die Praxis erwies. Einer Abwanderung von Vertretern der Rasse „Deutscher Spitz“ konnten wir nicht zustimmen, andererseits konnten wir dem VDH gegenüber nicht den Nachweis führen, dass unser Standard für diese kleinsten Spitze ausreicht. Deshalb wurde mit obigem Beschluss der Standard für Deutsche Spitze erweitert. Den kompletten Standard der verschiedenen Arten Deutscher Spitze finden Sie auf Seite 46 dieser Festschrift. So einfach, wie sich unser Beschluss hier liest, ist dieser nicht zustande gekommen. Wir haben hart diskutiert und alle Für und Wider abgewägt. Vor allem aber war uns bewusst, dass für eine derartige Entscheidung die Generalversammlung zuständig wäre, wir haben über deren Kopf handeln müssen und sind selbstverständlich nicht glücklich darüber. Unter Druck des VDH mussten wir kurzfristig beschließen, deshalb bitte ich Sie im Namen des Vorstandes um Verständnis. Selbstverständlich sind alle HV-Kollegen bereit, Ihnen Rede und Antwort zu stehen. Gelegenheit hierzu wäre das 75-jährige Vereinsjubiläum, das wir in Stuttgart am 27./28. April begehen. Ich hoffe, viele von Ihnen dort begrüßen zu können. Abschließend wünsche ich unserem Jubiläumsfest einen eindrucksvollen Verlauf und bedanke mich bei den Sportfreunden der Landesgruppe Württemberg für die uneigennützige Arbeit und finanzielle Unterstützung zum Wohle des Vereins!

 

Ihr Werner Jäger" [3]

Auch wenn man hochtrabend vorhatte, die Causa Zwergspitz auf der im Jahre 1975 stattfindenden Generalversammlung zu thematisieren, so passierte in Wirklichkeit nichts dergleichen. Die Standardänderung war beschlossen. Fertig. 

 

Begeistert war man von dem, was da aus dem Ausland kam, übrigens nicht wirklich. Kritisiert wurden die untypische, hohe Rutenhaltung und die häufig vorkommenden Apfelköpfe bei den Importtieren, ebenso waren verkürzte Schnauzen und Kiefer ein Problem. Manche Importtiere waren mit 1,5 Jahren deckunfähig, viele Hündinnen konnten nur mit Kaiserschnitt gebären. Richterobmann Wörner kritisierte im Jahre 1975 diese Pomeranians wie folgt:

"Zwerg ist nicht gleich Gnom. Auch die Pomeranians müssen dem verbindlichen FCI-Standard entsprechen und ganz Spitz sein. Wesensschwache Tiere sind nicht das Ziel der Zwergspitzzucht."

Umschreibung Pomeranian zu Kleinspitz Mittelspitz
Simsalabim! ✨ Aus Pomeranian wird Mittelspitz [2]

Damals hegte man im Verein zudem den starken Verdacht, dass im Ausland heimlich Chihuahuas oder der Pekingesen in den Zwergspitz eingekreuzt worden waren, um das gewünschte, puppenhafte Aussehen der Hunde zu erreichen. Daher waren Verpaarungen von Zwergspitzen aus deutscher Zucht mit den Importtieren vorerst verboten. [5] 

 

15 Jahre später musste man dann auf Vereinsseite erneut ernüchtert feststellen, dass die Pomeranians in ihrer Heimat nicht nur nicht nach Farben gezüchtet wurden, sondern dass sie - neben einer anderen Kopfform - auch ein anderes Wesen aufwiesen, als die Zwergspitze aus deutschen Linien. Als Konsequenz dieser Erfahrungen wurde 1987 der Antrag gestellt, die Rasse Pomeranian als eigenständige Spitzrasse anzuerkennen und quasi aus dem Zwergspitz auszugliedern. [6] In der Praxis hieß das, dass nach dem Willen des Vereinsvorstandes der Pomeranian als eine eigene, ausländische Rasse gelten sollte, ähnlich dem Japan-Spitz oder dem Volpino Italiano. Die eigens dafür eingesetzte Kommission kam allerdings zu keinem Ergebnis.

 

👉🏻 Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Man stellt fest, dass sich die Importtiere in Aussehen und Wesen sehr stark von unseren Deutschen Spitzen unterscheiden, man vermutet sogar, dass viele von ihnen gar keine reinrassigen Deutschen Spitze sind - und man tut (bis auf einen gescheiterten Versuch) einfach gar nichts! 

Zwergspitz altes Foto weiß

Die Einkreuzung des ausländischen Pomeranians in den Deutschen Spitz hatte noch eine weitere, ungewollte Entwicklung zur Folge; und zwar bei den Klein- und Mittelspitzen: Da nämlich die Vorfahren des Pomeranians - wie oben bereits erwähnt - um einiges größer waren als der klassische Zwergspitz, ist es so, dass auch heute noch ist die einstige Größe in den Genen der Hunde verankert ist. Hin und wieder fällt daher in den Würfen von Zwergspitz-Züchtern ein „Throwback“-Pomeranian, ein Hund also, der wesentlich größer ist, als ein Zwergspitz bzw. Pomeranian eigentlich sein sollte. 

 

Und auch aktuell gibt es nicht wenige Deutsche Spitze, die zwar die Größe eines Kleinspitzes oder gar eines Mittelspitzes haben, aber vom Typ her eher dem Pomeranian entsprechen - und nicht dem vom Rassestandard für den jeweiligen Größenschlag geforderten Typen, weder im Aussehen, noch im Wesen. Das liegt vor allem daran, dass nach der Integration des Pomeranians in den Zwergspitz übergroße Tiere einfach zu Klein-oder Mittelspitzen umgeschrieben wurden. [2] So fand der Pomeranian dadurch eben (leider) auch Eingang in die Klein- und Mittelspitzpopulation. Das führte dazu, dass sich der Typ der beiden anderen Größenschläge extrem - sowohl in der Optik, als auch im Wesen - verwässerte.

Mittelspitz wie Pomeranian
Ich fresse einen Besen, wenn in diesem Mittelspitz keine Pomeranians drin sind! [E)

Bei den orangefarbenen Kleinspitzen gingen beispielsweise achtziger Jahren mehr und mehr Typ und Farbreinheit verloren, da zu große Pomeranians eben einfach zum Kleinspitz umgeschrieben und in der Folge unkontrolliert mit diesen verpaart wurden. 

 

Was die Verpaarung Mittelspitz x Großspitz anbelangt, ist es daher von großer Relevanz, unbedingt darauf zu achten, dass man zu diesem Zwecke nur auf Pomeranian-freie Linien zurückgreift, sonst riskiert man, in Zukunft überdimensionale Großpomeranians zu züchten.

 

Von 1975 bis 1985 wurden über 30 Pomeranians nach Deutschland importiert, allerdings blieb die dicke Nachfrage erst einmal aus. Möglicherweise lag das daran, dass viele Nachzuchtwelpen Übergröße hatten oder durch ihre nicht vom deutschen Standard gedeckte Farbe nicht zur Zucht zugelassen werden konnten. Mit diversen Standardänderungen in den Jahren 1985, 1990 und 1997 versuchte der Verein für Deutsche Spitze den auftretenden Problemen innerhalb der Pomeranianzucht entgegenzuwirken. Da die Eintragungszahlen von Welpen nach und nach tatsächlich anstiegen, haben die Maßnahmen des Vereins wohl erfolgreich gegriffen. 

 

Der 1996 vom Hauptvorstand des Vereins für Deutsche Spitze überarbeitete Standard, der 1997 von der FCI genehmigt wurde, führte die Rassebezeichungen "Zwergspitz" und "Pomeranian" gleichberechtigt nebeneinander auf. Damit wurde vom Verein offiziell anerkannt, dass der Zwergspitz eine weltweit verbreitete Varietät des Deutschen Spitzes ist, welche im Ausland "Pomeranian" genannt wird. 

 

Eben genau um diesen Zeitraum herum fiel den Damen und Herren des Spitzvereins dann auch überraschend auf, dass die Einkreuzung des Pomeranians in den Zwergspitz diesem sogar gutgetan hat. Er wurde dadurch nämlich sozusagen verbessert. Na sieh' mal einer an!

"Das heutige Aussehen des Deutschen Zwergspitzes hat sich gegen den früheren Phänotyp sehr verändert, denn der Zwergspitz war einstmals nur ein verzwergter Kleinspitz, nicht sehr ansehnlich, eher gnomhaft. Im Gegensatz dazu ist die Erscheinungsform des heutigen Zwergspitzes fülliger, muskulöser und stabiler geworden. Dank zahlreicher hineingekreuzter Importe aus USA, Kanada, England usw. hat sich das heutige Erscheinungsbild des Deutschen Zwergspitzes so positiv verändert, dass er allgemein internationale Anerkennung findet." [4]

"Internationale Anerkennung" lässt sich in diesem Fall hervorragend durch "internationale Käuferschaft" ersetzen, dann wird's auch verständlicher, worum es eigentlich geht: den Zaster natürlich. Denn noch 11 Jahre zuvor wollte man den Pomeranian ja am liebsten aus dem Zwergspitz ausgliedern und ihn als ausländische Spitzrasse führen - und auf einmal sind also die Deutschen Hunde die unansehnlichen Gnome? Na so ein Ei aber auch! 🙄

 

Im Jahre 2019 wurde den Züchtern mit dem neu gefassten Rassestandard schließlich ein Instrument an die Hand gegeben, das ihnen, was die Größe und die Farben der Hunde anbelangt, deutlich mehr Spielraum gibt, als bisher, weil alles klarer benannt wird.

Sind Pomeranian und Zwergspitz identisch?


Screenshot von der Website www.pomeranian.org
Screenshot von der Website www.pomeranian.org

Nein, sind sie nicht. Obwohl Pomeranian und Zwergspitz offiziell als eine Rasse geführt werden, sind es eigentlich zwei Hunderassen, die lediglich die gleichen Vorfahren miteinander teilen. Beide Rassen sind nah miteinander verwandt und ähneln sich durchaus auf vielen Ebenen, unterscheiden sich aber an vielen anderen Stellen doch stark voneinander. Ein Rassemerkmal des Pomeranians ist beispielsweise der stark gefiederte, hoch angesetzte Schwanz. Der Pomeranian ist der einzige Spitzhund, dessen Schwanz so flach und so gerade auf dem Rücken aufliegen soll.

amerikanischer Pomeranian
Pomeranian im amerikanischen Typ

Über 100 Jahre waren die Zuchtlinien des außerkontinentalen Pomeranians vom Deutschen Zwergspitz getrennt. Die räumliche Trennung beider sorgte für eine Gendrift der betreffenden Linien, sodass es heutzutage Fakt ist, dass der Zwergspitz eine ganz andere Genetik aufweist als der Pomeranian in den anderen Teilen der Welt. Der Pomeranian, der ursprünglich als Zwergspitz aus Deutschland in die Welt emigrierte, hat über die Jahrzehnte und die weitere Zuchtentwicklung hinweg, seinen Charakter und sein Aussehen verändert und sich eindeutig von seinem deutschen Vetter abgespalten.

 

In den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde der Pomeranian zu einer der beliebtesten Hunderassen in den USA, er wurde Modehund.

Zwergspitz Pomeranian eine Rasse dieselbe
Wer ernsthaft behauptet, dass das dieselbe Rasse ist, säuft doch Lack! (F,G)

Das bekommt den Rassen nie gut, denn ist eine Hunderasse erstmal "trendy", entsteht eine erhöhte Nachfrage nach dem Modehund, dadurch steigt der Welpenpreis. Dies wiederum motiviert viele Halter der Rasse dazu, diese einfach mal selbst zu züchten (sogenannte "Wohnzimmerzuchten"), ebenso wie kommerzielle Züchter (also "Vermehrer"). Durch die Fixierung auf die schnelle Kohle, die man mit solchen Welpen machen kann und das zumeist fehlende Hintergrundwissen über die betreffende Hunderasse, wird ohne Rücksicht auf Verluste gezüchtet, also etwa ohne die wichtigen Gesundheitsuntersuchungen. Dadurch verbreiten sich nicht nur Erbkrankheiten und Verhaltensprobleme in der modischen Rasse, sondern auch die Rasse selbst wird sich immer unähnlicher, da man ja einfach nur die kurzfristige Nachfrage bedienen möchte. Und wenn die eben einen teddybärengleichen Hund verlangt, wird der auch gezüchtet. Und so veränderte sich über die Jahrzehnte auch der Pomeranian stark.

Zwergspitz Fuchsgesicht
Ein Zwergspitz mit Fuchsgesicht

Inwiefern unterscheiden sich die beiden nun? Schon allein die Kopfform könnte kaum unterschiedlicher sein. Der Pomeranian hat in der Regel eine stark vorgewölbte Stirn, die mitunter schon in Richtung Apfelkopf geht und eine weitaus kürzere Schnauze als der Zwergspitz. Dieser wiederum hat einen viel flacheren, keilförmigen Oberkopf, der fuchsartig wirkt, mit langer Schnauze.

 

Die Ohren der Pomeranians sind viel kleiner und runder, als die des Zwergspitzes und sehr hoch angesetzt. Mitunter verschwinden die kleinen Mauseöhrchen des Pommis mehr oder weniger in seiner Mähne, während die dreieckigen Ohren des Zwergspitzes immer sichtbar sind.

 

Gravierende Unterschiede betreffen zudem die Rutenhaltung der Hunde, da sich die der deutschen Zwergspitze doch stark von der Rutenhaltung der Pomeranians unterscheidet. Die fedrige Rute des Pomeranians liegt super flach und gerade auf seinem Rücken auf und ist sehr hoch angesetzt, in der Regel so hoch, dass das Gesäß des Tieres eher hinter dem Rutenansatz liegt. Die Rute des Deutschen Spitzes hingegen wird aufwärts über den Rücken gerollt getragen, der Rutenansatz ist zwar hoch, aber nicht so extrem wie beim Pomeranian. 

Pomeranian
Typischer Bärchen-Pommi

Die äußerst üppigen Fellmassen lassen den Pomeranian wie eine dicke Kugel erscheinen. Es ist wesentlich üppiger als das Fell des Zwergspitzes und benötigt daher viiiiiel mehr Pflege. Wie bei allen Deutschen Spitz setzen sich auch beim Zwergspitz die Fellbereiche der Mähne und der Hosen vom Rest des Fells ab. Beim Pomeranian setzt sich hingegen überhaupt nichts ab, er ist schlichtweg ein einziger, runder Fellball. 

 

Auch hinsichtlich seiner Masse - respektive seines Knochenbaus - hat der Pomeranian inzwischen eine derartige Menge an Substanz erreicht, dass seine Beine aussehen wie dicke Stampferlein.

 

Wo der Zwergspitz mittelgroße Mandelaugen hat, hat der Pommi Kulleraugen..... Im Prinzip ist die Liste endlos und bisher haben wir nur das Exterieur behandelt. Was den Charakter des Pomeranians anbelangt, hat er schlicht nicht mehr viel mit dem Zwergspitz zu tun, denn er wird seit Jahren ausschließlich für Show- und Begleitzwecke gezüchtet. Sicherlich gibt es immer mal Pommis, die dem Spitz im Wesen doch sehr entsprechen, aber die Regel ist es nicht.

Zwergspitz alter Schlag
Ein ordentlicher Zwergspitz!

Wieso also erkannte die FCI den Pomeranian nicht als eigene Rasse an, sondern sieht in ihm einen ausländischen Zwergspitz? Das ist insofern unverständlich, als dass der Verein für Deutsche Spitze ja einst nicht grundlos versucht hat, die Pomeranians wieder aus den Deutschen Spitzen herauszulösen, um sie als ausländische Spitzrasse separat zu führen (siehe Zuchtgeschichte). Gut, jetzt könnte man sagen, die haben sich halt geirrt. Aber das Ganze ist genauso, nur andersherum, in England passiert: 

 

Ab den späten 1970er Jahren wurde der Deutsche Zwergspitz verstärkt in das Vereinigte Königreich importiert, um einige der alten Fellfarben (beispielsweise die Farbe Weiß) wieder zum Leben zu erwecken, die aufgrund der kompletten Farböffnung der Briten verloren gegangen waren. Da die Farbe Weiß nämlich rezessiv ist, hat sie immer das Nachsehen gegenüber den anderen Farbtönen.

Toy Pomeranian Qualzucht Boo
Noch Hund oder schon Spielzeug?

Der Import der deutschen Zwergspitze löste jedoch große Besorgnis bei den britischen Züchtern und Ausstellern aus und man wusste nicht so recht, wohin jetzt mit dem deutschen Vetter des Pommis. Unterschiedlich waren sie ja schon. Im Jahre 1982 wurde eine außerordentliche Generalversammlung des "The Pomeranian Club" abgehalten, um zu klären, wie man nun bezüglich des Problems der Deutschen Import-Spitze am besten verfahren soll. Schließlich intervenierte im Jahre 1984 der Kennel Club und schuf ein separates Register für den Deutschen Spitz. Die Engländer hatten also im Prinzip das gleiche Problem wie wir: Es wurden zwei Hunderassen verquirlt, die zwar gemeinsame Vorfahren haben, inzwischen aber züchterisch nicht mehr allzu viel miteinander am Hut haben.

 

Und bei uns gibt eben es dieselbe Problematik, die immer wieder Diskussionen auslöst. So ist es nicht unproblematisch, wenn auf einer Hundeausstellung ganz verschiedene Linien dieser Zwergspitze im Ring stehen und miteinander konkurrieren. Leider haben an dieser Stelle die alten, deutschen Linien meist das Nachsehen. 

Teacup Pomeranian
Was für ein widerliches Arschloch muss man eigentlich sein..? 🤬 (F)

Noch stärker angeschoben wurde die "Verzüchtung" des Pomeranians durch die sozialen Medien. So tauchte in den frühen 2000er-Jahren ein Rassevertreter namens "Boo" auf Facebook auf, der jedoch eher aussah wie ein Spielzeug und nicht wie ein Spitz. Oder überhaupt wie ein Hund. Boo lebte von 2006 bis 2019 in den USA und hatte, sage und schreibe, 16,5 Millionen Follower auf Facebook. Boo wurde deshalb so berühmt, weil er wie ein Teddybärchen aussah. Bedauerlicherweise schob Boo die Nachfrage nach noch mehr Pomeranians im püppchenhaften Boo-Typen massiv an.

 

Und weil dieser Trend noch nicht schlimm genug war, folgte weiteres Unheil in Form von verschiedenen "Varianten" des Pomeranians: Toy-Pomeranian (winzig), Teacup-Pomeranian (extrawinzig), Pomchi (Mischling aus Pomeranian und Chihuahua) und natürlich der Boo-Pomeranian (auch total mickrig). Das hat alles natürlich mit einem Deutschen Spitz nichts mehr zu tun, aber so gar nichts mehr. Aber was züchtet man nicht alles, wenn's dafür ordentlich in der Kasse klingelt!

 

All diese bemitleidenswerten Kreaturen, die absichtlich im Zwergenwuchs gehalten werden und die mitunter nicht viel größer sind als Hamster, vereinen zwei wesentliche Faktoren in sich: Sie sind weder reinrassig (sondern in der Regel Mischlinge aus Zwergspitzen und Chihuahuas), noch gesund. Sie sind wirkliche Qualzuchten, denn der extreme Zwergenwuchs sorgt gleich für eine ganze Reihe von schwerwiegenden, gesundheitlichen Defekten.

Zusammenfassung


Zwergspitz Familienhund Kinder
Die kleinen Spitze passen perfekt zu Familien mit Kindern

Zwergspitze sind wunderbare, kleine Hunde. Sie sind selbstbewusste, dickköpfige und intelligente Frohnaturen, die ihre Menschen sehr glücklich machen können, wenn man sie zu nehmen weiß. Gerade der Fokus des Zwergspitzes auf seine Familie ist eine Eigenschaft, die seine Freunde an ihm so sehr schätzen. Sein Charme, mit dem er seine Familie mühelos durch sein spielerisches, freundliches und aufgewecktes Verhalten einwickelt, ist schier grenzenlos. Grenzenloser als sein Charme ist lediglich sein Selbstbewusstsein, daher ist eine konsequente Erziehung auch bei der kleinsten Spitzvarietät unbedingt notwendig. 

 

Auch wenn die Begriffe mitunter synonym verwendet werden, ist ein Zwergspitz keinesfalls ein Pomeranian! Beide unterscheiden sich wohl in der Optik, als auch im Wesen doch stark voneinander. Ein Zwergspitz ist im Gegensatz zum Pomeranian ein richtiger Deutscher Spitz, nur eben im Kleinstformat.

 

Leider wurde der echte Zwergspitz im Laufe der Zeit fast komplett vom Pomeranian verdrängt. So läuft es bedauerlicherweise immer, sobald ausländische Spitzrassen in unsere Deutschen Spitze hereingezogen werden (siehe die Verdrängung des Wolfsspitzes durch den Keeshond). Denn wenn verschiedene Zuchtrichtungen einer Hunderasse bzw. eines Größenschlages auf Ausstellungen miteinander konkurrieren müssen, dann gereicht das über kurz oder lang immer zum Nachteil eines Typs. Die aktuellen Hundeausstellungen schieben diesen "modischen Wandel" massiv an, da braucht sich niemand etwas vorzumachen: Auch der Ablauf der Verdrängung ist immer identisch: Erst erfolgt die Entkernung der jeweiligen Varietät von innen, also die Aufweichung der Wesenseigenschaften - die Varietät wird nur noch Schoßhund, nur noch Spielzeug - danach beginnt die Wandlung des Typs in die totale Verniedlichung.

süßer Zwergspitz Deutscher Spitz Brigitte Helm
Brigitte Helm mit ihrem super-niedlichen Zwergspitz ❤️

So hat die Gleichsetzung des Pomeranians mit dem Zwergspitz nicht nur diesen im Typen total verändert, sondern sich auch noch auf die anderen Varietäten ausgeweitet: Weil nämlich zu große Pomeranians regelmäßig zu Kleinspitzen oder gar Mittelspitzen umgeschrieben wurden, hat der puppenhafte Pomeranian auch Teile der Mittel- und Kleinspitzpopulation stark im Exterieur und Wesen verändert. 

 

Da manche Großspitzzüchter gern Mittelspitze in ihre Linien einkreuzen möchten, um so eine größere Diversität und eine geringere Inzucht zu erhalten, schwelt auch hier die Gefahr der Verwässerung des Großspitzes - sofern Mittelspitze mit Pomeranians im Pedigree zum Einsatz kommen. 

 

Die Geschichte des Pomeranians birgt in sich noch eine weitere Lektion: Sobald man nämlich anfängt, alle möglichen Fellfarben querbeet miteinander zu verpaaren, haben die Reinfarben definitiv das Nachsehen, und insbesondere die Farbe Weiß. So waren die weißen Pomeranians in England durch die inflationäre Vermischung aller Farben quasi bereits verschwunden und um die schönen weißen Spitze wieder zurückzuzüchten, mussten in den siebziger Jahren schließlich weiße Spitze aus Deutschland importiert werden. 

 

Deswegen wäre es sehr wünschenswert, wenn die Aussage "Züchten heißt in Generationen denken" nicht immer nur rauf und runter zitiert werden würde, sondern wenn man endlich auch mal nach diesem Motto züchten würde. Sonst sieht es düster aus für unsere älteste, deutsche Hunderasse!


Quellen

[1] "Der Deutsche Spitz" Ausgabe 67, S. 1

[2] "Der Deutsche Spitz" Ausgabe 159, S. 49

[3] "Der Deutsche Spitz" Ausgabe 67, S. 6

[4] "Der Deutsche Spitz" Ausgabe 159, S. 48 f.

[5] "Der Deutsche Spitz" Nr. 70, S. 16 f.

[6] "Der Deutsche Spitz" Nr. 115, S. 44

[7] "Der Deutsche Spitz" Nr. 67, S. 6

Bilder

(A) Richard Strebel: Die Deutschen Hunde, Band 1, S. 63

(B) Jean Bungartz: "Handbuch zur Beurtheilung der Racen-Reinheit des Hundes", Verlag Paul Neff, Stuttgart 1884

(C) Eine Zeichnung namens "Black Pomeranian" aus Vero Shaws "Book of the dog"

(D) "Album edler Rassehunde" von Arthur Seyfarth

(E) https://pin.it/5qrU0VM

(F) https://pin.it/1AderpCkn

(G) https://pin.it/Tb2NRwuvS

(F) https://www.dailymail.co.uk/news/article-5481507/Pomeranian-puppy-floats-balloons-adorable-clip.html

Stand: 14.01.2024

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