Schon immer war üppiges, gut abstehendes Haar beim Wolfsspitz der ganze Stolz seines Besitzers, denn ein Tier mit prächtigem Fell in guter Kondition ist durchaus ein Hingucker. Allerdings hat das Haar unseres Wolfsspitzes in den letzten Jahrzehnten eine ziemliche Veränderung erfahren: es wird immer voller und länger. (Und farbloser.) Die Hunde, die früher gezüchtet wurden, hatten nicht nur kürzeres, sondern auch dichteres und härteres Haar und wirkten dadurch viel schlanker und hochbeiniger als aktuell - wie man auf alten Aufnahmen gut erkennen kann.
Die beiden linken Bilder zeigen das alte, harte Wolfsspitzfell, die Bilder rechts das eher plüschige Fell "moderner" Wolfsspitze/ Keeshonden
Das allzu pompöse Fell - so schön es im gepflegten Zustand auch sein kann - erweckt mitunter den Eindruck, dass der Hund unter der Last eben jenes Fells leidet, dass seine Beweglichkeit eingeschränkt ist und dass es zudem eine Höllenarbeit sein muss, dieses Fell in Schuss zu halten. Wenn beispielsweise mein Kuno - der ja für die heutige Wolfsspitzmode doch sehr, sehr moderat behaart ist - früher auf einem Bauernhof gelebt hätte, denke ich, dass der Hund ein einziger Filzklumpen gewesen wäre. Wie schaut das dann erst bei den Keeshondtypen aus? Und wird der Durchschnitts-Spitzbesitzer überhaupt mit der aufwendigen, zeitraubenden Pflege fertig, so dass das Fell nicht verfilzt?
Eigentlich sollte das Wolfsspitzfell ja so beschaffen sein, dass es, wenn der Hund nass wird und sich anschließend schüttelt, so aussieht, als wäre das Fell knochentrocken. Dann, und nur dann, hat das Haar die richtige Unterwolle und ist hart.
Auch wäre es unserem Wolfsspitz dienlicher, wenn die Richter auf den Ausstellungen etwas vorsichtiger mit dem Ausspruch "Der Hund ist noch nicht voll im Haar" umgehen könnten! Nicht alle Hunde müssen zwingend langes, weiches Fell aufweisen; vielleicht ist das kürzere ja viel funktionaler. Es ist am Richter, darüber zu entscheiden, ob Fellberge allein dem einen Hund den Vorzug bei der Vergabe der Punkte geben oder ob die dadurch immer weiter ausufernden Fellmassen dem Wolfsspitz als Lebewesen am Ende eher schaden als nutzen. Zudem kaschieren die angezüchteten Fellmassen Fehler am Gebäude auch sehr effektiv. Vielleicht sollte man ja mal eine Hundeausstellung im Starkregen stattfinden lassen, um wie durch Zauberhand kleinere Mängel zutage treten zu sehen, die bei trockenem und stehendem Fell durch die Richter nicht bemerkt werden würden?!
Leider entspricht dieser Plüschtypus immer mehr dem vorherrschenden Schönheitsideal und unserer Auslegung des FCI-Standards. Die Richter ziehen solche Tiere auf den Ausstellungen anderen Hunden vor, die Züchter wählen die prämierten Siegerhunde aus, um sie zur Zucht einzusetzen und damit läuft alles darauf hinaus, dass sich der Keeshondtypus im Erscheinungsbild der Wolfsspitze immer weiter stabilisiert. Die Frage ist doch, was diese Veränderungen im Exterieur der Wolfsspitze für Auswirkungen haben:
Treten verstärkt Krankheiten auf?
Wie steht es um die Wurfstärke bei Hunden mit diesen Fellbergen?
Hat die durchschnittliche Lebenserwartung abgenommen und falls ja, um wie viel?
Entsprechen unsere Wolfsspitze noch ihrem eigentlichen, zweckmäßigem Wesen oder wird es immer untypischer?
Wie ergeht es eigentlich den Hunden unter diesen Fellmassen?
Das sind alles Fragen, die die Richter während der wenigen Minuten, in denen sie den betreffenden Hund im Ring zu sehen bekommen, nicht beurteilen können. Sie können lediglich die Tiere abwerten, bei denen die gesundheitlichen Mängel wirklich sehr deutlich zutage treten. Mmh. 🤔
Thematisch dazu passend ein Denkanstoß von einer langjährigen Wolfsspitzzüchterin: Typwandel beim Wolfsspitz
An dieser Stelle möchte ich Heinrich Sassenberg zitieren (Vorstandsmitglied des VfDSp von 1931 bis 1964), der einst schrieb:
"Nie darf unser Spitz im Zuchtziel dem Modefimmel zum Opfer fallen, denn hierdurch geht meist Wesen und Charakter verloren".
Unser deutscher Wolfsspitz sollte doch also bitte in erster Linie Wächter sein und bleiben, der sich durch die Beschaffenheit seines Fells ganzjährig zum Aufenthalt im Freien eignet. Kehren wir doch also lieber wieder zu den Wurzeln zurück - zu dem, was am Spitz natürlich, praktisch und logisch war und ist. Und das war und ist das funktionale, nicht allzu üppige und feste Fell!
Ein gut gehaltener und gut gezüchteter Wolfsspitz braucht nicht mehr Fellpflege als jeder andere Hund. Dennoch muss ihn aber schon etwas pflegen und sich um einen guten Fellzustand kümmern; belohnt wird dieser Aufwand durch ein prachtvolles Haarkleid. Dieses macht jedoch bis zu seiner Vollendung einige Wandlungen durch:
Bei den neugeborenen Jungen, die mit glattem und enganliegendem Fell auf die Welt kommen, richten sich die Haare im Laufe der ersten Wochen allmählich auf. Mit acht oder neun Wochen schießen die ersten Grannenhaare durch und es bildet sich allmählich die Halskrause. Auch Rutenhaare, Hosen und Federn bilden sich. Mit zwei bis drei Monaten ist der ganze Wolfsspitz schließlich ein einziges Wollknäuel.
Dann aber kommt der Rückschlag - der erste Fellwechsel setzt ein. Im sechsten bis siebenten Monat ist der Jüngling wahrlich keine Schönheit, bürsten ist in dieser Zeit besonders zweckmäßig, dies aber immer gegen (!) den Strich. Sein endgültiges Haarkleid zeigt sich beim Spitz im Allgemeinen erst zwischen dem zweiten und dem dritten Lebensjahr.
Zur Unterwolle: Dort gibt es zwei Meinungen. Einmal, dass die Unterwolle komplett entfernt werden sollte (besser nicht, sonst hängt das Haar nur noch platt herunter) und andererseits, dass die Unterwolle nicht heraus dürfe. Das ist genauso falsch, denn sobald sie sich löst, muss sie auch heraus, umso besser kann das neue Haar nachkommen. Wird die Unterwolle gar nicht entfernt, ist das Endergebnis total verfilztes Fell, das schlecht riecht, Hauterkrankungen verursachen kann und für den Hund selbst eine Last ist.
Baden sollte man den Wolfsspitz so gut wie nie, denn zu häufiges Baden schadet dem Haar und der Haut des Tieres. Vor einer Ausstellung ist es absolut ausreichend, die Rute, die Federn und die Hosen zu waschen, um den richtigen Glanz zu erzielen - mehr nicht. Zum Bürsten lieber keine Drahtbürste verwenden, sondern eine klassische Bürste mit langen Zinken. Verfilzte Stellen kämmt man am besten mit einem Kamm aus, bevor man das Fell zum Schluss noch mit einem feuchten Fensterleder abwischt.
Um die Schönheit der Halskrause zu erhalten, lässt man den Wolf, so oft es eben geht, einfach ohne Halsband laufen. Besonders geeignet sind Rundlederhalsbänder, wenn der Wolfspitz dann aber doch mal Halsband tragen muss.
Eine detaillierte Anleitung zur Fellpflege beim Spitz findet sich übrigens auch in meinem Artikel "Die Pflege des Spitzes".
Stand: 20.07.23