Vom vegetarischen Hausschwein Hund

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Jüngst las ich im Buch "Ein Hundeleben" von Hermann Kaiser ein Kapitel über die Ernährung des Hundes in der Vergangenheit. Obwohl ja der Hund alle körperlichen Merkmale eines Raubtieres aufweist und nachgewiesenermaßen vom Landräuber Wolf abstammt, hat er sich im Laufe seiner Domestizierung zu einer Art allesfressendem Hausschwein entwickelt. Aber nicht nur das: er wurde in vielen Gesellschaftsschichten sogar zu jahrhundertelangem Vegetarismus angehalten. 

 

Bereits aus dem alten Griechenland gibt es dafür Belege, dass die damals gehaltenen Hunde mit Getreidebrei und Brot gefüttert wurden - weil ausschließlich mit Fleisch ernährte Hunde von den alten Griechen als "triebiger" beobachtet wurden. 

 

Auch später wurden Hunde nicht gerade mit Fleischbergen ernährt. Den Jagdhunden der mittelalterlichen Kaiser wurde zwar noch per Gesetz das Fleisch von gesunden Tieren zugesprochen, dies galt jedoch nur für Hunde mit hoher Abstammung. Dieses Privileg wurde in späteren Epochen insofern entkernt, als dass jenen herrschaftlichen Jagdhunden zwar nach erfolgreicher Jagd noch immer ein Teil der Innereien der Beute zustand, dies betraf jedoch nur den Anteil der Inneren, den man in der Küche nicht verwerten konnte. Also den Schmodder. An allen übrigen Tagen des Jahres mussten sich die adligen Vierbeiner mit Getreideprodukten begnügen - ganz genau wie die Masse der Untertanen samt ihren Hunden. 

Bauern mussten die Hunde der Adligen ernähren

Im Rahmen der sogenannten "Hundelege" (um 1500 herum) mussten die ortsansässigen Bauern die herrschaftlichen Jäger und deren Hunde ernähren, dies war gesetzlich festgelegt. Nicht gerade zur Freude der Bauern, wie man sich freilich denken kann. Unter bestimmten Bedingungen konnte die reale Verpflegung der Hunde auch ersatzweise in Getreidelieferungen geleistet werden - und zwar als Naturalabgabe, genannt "Hundehafer" und "Hunderoggen". Allzu deutlich zeigen diese Begriffe auf, dass selbst die bevorrechteten Jagdhunde damals eher als vegetarische Breifresser denn als Fleischfresser angesehen wurden. Und an den reichen Tafeln des oberen Adels schnitt man seinen Windspielen kein Fleisch mehr aus der Hirschkeule heraus - wie 100 Jahre zuvor - sondern nur noch einen Kanten vom Brotlaib ab. 

 

Gefüttert wurde früher vor allem "Hundsbrod": "[...] schlechtes aus Kleyen und Roggenmehl für die Hunde gebackenes Brod"[1], wobei der Anteil an minderwertigen Zutaten sicherlich sehr unterschiedlich ausgefallen sein dürfte - je nachdem, ob es sich beim Empfänger der Stullen um den Köter vom Bauernhof oder um einen blaublütigen Jagdhund handelte. So wurden die Einwohner des Amtes Strickhausen 1731 per Paragraf 2 der Ostfriesischen Jagdordnung dazu verdonnert, für die Jagdhunde Schwarzbrot und Butter zu liefern - Schwarzbrot, das auch zur alltäglichen Nahrung der Menschen dort gehörte. Von der Butter ganz zu schweigen. Gewöhnlichere Jagdmeuten mussten sich aber in der Regel mit billigerem Gerstenbrot begnügen, welches zusätzlich mit Fleischbrühe schmackhaft gemacht wurde. Allgemein galten zwei Pfund Vollkornbrot als durchschnittliche Tagesration je Hund. Diese Kost war und ist jedoch den Hunden keinesfalls gesundheitlich abträglich. So ergaben ab 1930 begonnene Fütterungsversuche der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin, dass Roggen als Hauptnahrung für den Hund durchaus geeignet ist. 

Neu auf der Speisekarte: die Kartoffel

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Hunderoggen: Tagesration Roggen für einen Jagdhund - entweder als Brot oder als Brei verfüttert.

Ab dem 19. Jahrhundert wurde das Grundnahrungsmittel Roggen durch die Kartoffel verdrängt (dank des "Kartoffelbefehls" von Friedrich dem Großen), was zu einer deutlichen Entspannung vieler Versorgungsproblematiken innerhalb der Bevölkerung führte. So wurde auch der Hundespeiseplan durch das Auftauchen der Kartoffel erweitert und immer mehr Hunde fanden auf ihrem "Lickebrett" (ein Brettchen, auf dem Hunden und Katzen das Futter kredenzt wurde) beispielsweise eine Portion Eintopf, allerdings nur den Gemüseanteil. Die Wurst war damals ausschließlich den Menschen vorbehalten! 

 

Die veränderten Bedingungen offenbaren sich auch in der Fütterungsempfehlung für Hunde aus dem "Handbuch der gesamten Haustierzucht für Landwirthe": "Der Hund ist in der Regel leicht zu ernähren, weshalb sich auch mancher unbemittelte einen oder mehrere Hunde halten kann, da fast aller Abfall von der Tafel oder aus der Küche zu seiner Nahrung dient. Andere werden mit dem Fleische von todten Tieren aus den Abdeckereien ernährt, andere noch erhalten Brot, Mehl und Schrot, Suppe oder Kartoffelbrei als Nahrung".[2]  Und in einem Buch über die Erziehung des Hundes (von 1906) wird ausdrücklich empfohlen, die Hunde mit Brot, Brühe oder Milch und etwas Fleisch zu ernähren.[3]

Hundefutter muss nicht teuer sein!

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Zusammen und vom Tisch schmeckt's eh am Besten (Wieschebrink, F.: Zwei gute Freunde).

Warum jetzt dieses Thema? Zum einen, weil ein nicht unerheblicher Teil der Hundepopulation hier in Deutschland von Allergien und Unverträglichkeiten geplagt wird. Vielleicht sind unsere Hunde einfach "überversorgt"? Vielleicht sind Dosen- und Trockenfutter gar nicht so gesund, wie man uns weismachen möchte? Vielleicht wäre eine Mischkost auf Basis der alten Ernährung der Hundegesundheit ja zuträglicher? Fragen über Fragen...

 

Den Hund mit viel Fleisch und wenig Kohlenhydraten zu ernähren gilt allgemein als sehr gesund. Aus diesem Grunde werden eine Menge Tiere geBARFt. Ich frage mich nur, wann genau in der Vergangenheit Hunde derart viel Fleisch vorgesetzt bekommen haben, seit sie sich dem Menschen anschlossen? Wann hatte man so viel Fleisch für die Vierbeiner übrig? Man darf halt nicht vergessen, dass die Modeerscheinung BARF vor allem durch einen Faktor ermöglicht wird: nämlich die Massentierhaltung - direkt oder indirekt. Ohne die Massentierhaltung wären gar nicht die Fleischmengen verfügbar, die man benötigt, um Mensch und (!) Hund mit derart  viel Fleisch zu ernähren. 

 

Weiterhin liegt mir dieses Thema am Herzen, da es sicherlich viele Menschen gibt, denen aktuell das Geld ausgeht. Die Preise für Hundefutter steigen ja im Moment nur allzu deutlich und so mancher Hundehalter fragt sich möglicherweise schon jetzt, wie er zukünftig seine Hunde ernähren soll. Beziehungsweise von was. Daher hier die gute Nachricht: Man kann Hunde viel einfacher und auch viel preiswerter ernähren. Einfach für sie mitkochen und zack, fertig! Die Gewürze, die der Mensch für den Geschmack benötigt, fügt man halt erst hinzu, wenn der Anteil für die Hunde eingetuppert ist oder bereits verfüttert wurde. Das spart eine Menge Geld, das hat sich über die Jahrhunderte bewährt - und das schmeckt dem Vierbeiner vermutlich auch besser, als der überteuerte Dosenmist 😉

Habe die Ehre!

 

PS: Mehr Infos darüber, wie man seinen Hund satt bekommt, finden sich übrigens in meinem Artikel "Über die Ernährung des Hundes".


Quellennachweise:


[1] Oekonomische Enzyklopädie Band 26, Berlin 1782, S. 467

[2] Dietrichs, J,.F.C.: Handbuch der gesammten Hausthierzucht für Landwirthe, Leipzig 1848, S. 258

[3] Morgan, Tom: Wie erziehe und dressiere ich meinen Hund?, Berlin 1906, S. 7 ff.

Kuno vom Windhainersee Ernährung Hund Küche Bouletten
Ich habe heute leider keine Boulette für dich...!

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Kommentare: 1
  • #1

    Klaus Raster (Mittwoch, 29 November 2023 08:17)

    Hallo, bin durch Zufall auf ihre Internetseite gestoßen. Bin begeistert über diese komprimierte Ansammlung von Wissen, zum Thema Wolfsspitz und Hund im Allgemeinen.