Über Wilhelm II. von Württemberg und seine Spitzer
Es ging einst spazieren am Bodensee
Der König vom Schwabenlande.
Und seine zwei Spitzer, ein prächtiges Paar,
Sie tummelten sich lustig am Strande.
Da plötzlich sieht er am Wege stehn
Einen Kleinen, der fürchterlich weinet.
Die Königin sagt: "Was hat denn der Knirps,
dem fehlt was, wie es mir scheinet".
Und sie fragt ihn darauf ganz teilnahmsvoll:
"Warum tust du denn gar so weinen?"
Doch auf alle Fragen bleibet er stumm,
Er tat nicht bejahn noch verneinen.
Darauf die begleitende Dame spricht:
"Mein Junge, nur nicht verzagen.
Gib folgsam jetzt eine Antwort gleich,
wenn ich und die Königin fragen".
Doch wiederum stumm grad wie zuvor
Der Kleine, er tat sich genieren,
Drum trat der König jetzt selber hervor,
Um den Jungen zu examinieren.
"Worum heulst denn, Büeble?" sagt er zu ihm,
Drauf's Büeble spricht: "Des därfst wissa,
Deine Sakerments-Spitzer, die Viecher do,
Die hent mir mei Hosa verrisa!"
Ernst Liebermann
Der Faule
"Heute nach der Schule gehen,
Da so schönes Wetter ist?
Nein! Wozu denn immer lernen,
Was man später doch vergißt!
Doch die Zeit wird lang mir werden,
Und wie bring' ich sie herum?
Spitz! komm her! dich will ich lehren
Hund, du bist mir viel zu dumm!
Ja, du denkst, es geht so weiter,
Wie du's sonst getrieben hast?
Nein, mein Spitz, jetzt heißt es lernen.
Hier! Komm her! Und aufgepaßt!
So – nun stell dich in die Ecke –
Horch! den Kopf zu mir gericht't –
Pfötchen geben! – So! – noch einmal!
Sonst gibt's Schläge! – Willst du nicht?
Andre Hund' in deinem Alter
Können dienen, Schildwach stehn,
Können tanzen, apportieren,
Auf Befehl ins Wasser gehn.
Was? du knurrst? du willst nicht lernen?
Seht mir doch den faulen Wicht!
Wer nichts lernt, verdienet Strafe,
Kennst du diese Regel nicht?"
Horch! – Wer kommt? – Es ist der Vater,
Streng ruft er dem Knaben zu:
"Wer nichts lernt, verdienet Strafe!
Sprich! und was verdienest du?"
Robert Reinick
Der Spitz
Die schlichte Schönheit dieses Hundes,
den Charme, das wache Temperament,
preist jedermann bewegten Mundes,
der einen Spitz sein eigen nennt.
Mit Recht! Dies Tier ist auserlesen
des deutschen Hauses Schutz zu sein,
und uns durch anmutsvolles Wesen,
durch Treu’ und Klugheit zu erfreu’n.
Bereits vor mehr als tausend Jahren
gab es den Spitz in heutiger Gestalt,
denn eine Wandlung hat er kaum erfahren,
und seine stolze Rasse ist uralt.
Der deutsche Spitz, von jeher volksverbunden,
genügsam, kernig, wetterfest, geschwind,
zählt mit zu jenen edlen Rassehunden,
die ein Geschenk der Allmacht an uns sind.
Walter Nößler
Der Spitzhund
Ein Spitzhund ließ sich's wohl schmecken bei einer vollen Schale Milch. Ein hungriges Mäuschen kam herzu und bat um ein Almosen. Pack dich, sprach Spitz; es mundet mir selber gar zu prächtig! Und dabei jagte er die Bettlerin in ihr nahes Loch.
Während er aber voller Eifers davor lag und kratzte und schnoberte, schlich Miezchen herbei, leerte das Gefäß und kletterte rasch auf eine Leiter.
Da hatte der Spitz das Nachsehen und mußte sich den Bart wischen; Miez aber schnurrte: Geiz bestraft sich selbst!
Theodor Colshorn
Was gehn den Spitz die Gänse an
Es war einmal ein kleiner Spitz,
der glaubt, er wär zu allem nütz,
und kam ihm etwas in die Quer,
da knurrt und brummt und bellt er sehr.
Nun wackelt einst von ungefähr
Frau Gans mit ihrem Mann daher,
und vor den lieben Eltern wandern
die Kinderchen, eins nach dem andern.
Und wie sie um die Ecke biegen,
da schreien alle voll Vergnügen:
„Seht doch die Pfütze da! Kommt hin!
Wie herrlich muss sich's schwimmen drin!"
Das sieht Herr Spitz und bellt sie an:
„Weg da! Weg da! Nun seht doch an!
Wie könnt ihr euch nur untersteh'n,
ins Wasser so hinein zu geh'n?
Wenn ich nicht wär dazugelaufen,
ihr müsstet jämmerlich ersaufen!"
Das macht der alten Gans nicht bange:
sie zischt ihn an wie eine Schlange.
Da zieht mein Spitz sein Schwänzchen ein
und lässt die Gänse Gänse sein;
doch knurrt er noch im vollen Lauf:
„Nun wer ersaufen will, ersauf!"
Die Gänse aber, trotz dem Spitze,
sie schwelgen recht in ihrer Pfütze;
und immer noch aus weiter Fern
hört bellen man den weisen Herrn.
Bell er, soviel er bellen kann!
Was geh'n den Spitz die Gänse an?
Robert Reinick (1805 - 1857)
Kläffer
Wir reiten in die Kreuz und Quer'
Nach Freuden und Geschäften;
Doch immer kläfft es hinterher
Und billt aus allen Kräften.
So will der Spitz aus unserm Stall
Uns immerfort begleiten,
Und seines Bellens lauter Schall
Beweis't nur, daß wir reiten.
Johann Wolfgang von Göthe
Das Hündchen
Spitz-Spitz-Hündchen,
Du hast ein kleines Mündchen,
Du hast ein tüchtig großes Maul,
Das ist zum Essen gar nicht faul,
Doch sollst du lernen, knurrst du sehr,
Wird dir das Lernen denn so schwer?
Aus: Die Kleinen im Verkehr mit der Tierwelt, 1915