Dieser Artikel richtet sich vor allem an Spitz-Neulinge und an kritische Spitz-Menschen. Anhand eines Leserkommentares, welcher mir freundlicherweise unter meinen Artikel "Die Züchter" geschrieben wurde, möchte ich nun gern aufzeigen, wie viel Fehlinformation und Verblendung in manchen Kreisen der "Spitz-Szene" so vorherrscht. Insbesondere diejenigen, die dort am lautesten trommeln, sind oft auch die, die es mit der Wahrheit nicht ganz so genau nehmen.
Daher vorab meine Bitte, liebe Leser: hinterfragt immer alles, wirklich alles - ja, auch meine Artikel! Aber besonders die gutgemeinten Ratschläge aus Foren und sozialen Netzwerken wie Facebook und Instagram. Wieso? Das zeige ich euch jetzt. Es wird hier übrigens niemand im Besonderen angesprochen. Dennoch gilt: wem die Jacke passt, der zieht sie sich halt an.
Eine "Karin Meyer" hat unter oben genanntem Link Folgendes kommentiert:
"Es ist doch schon arg suspekt, das man auf dieser Webseite die Farbreinzucht und deren negativen Folgen für die Großspitze anprangert und löblich vom Kampf der Züchter und privaten Initiativen berichtet, welche seit Jahren, ja bereits seit Jahrzehnten im VDH um die Möglichkeit der Farbverpaarung von schwarzen und weißen Großspitzen kämpfen, dann hier mit Frau Pelikan (Zwinger von Fritzi‘s Wölfen) ausgerechnet einen Züchter benennt, der sich seit Jahren auf allen Generalversammlungen gegen diese Möglichkeit der Farbverpaarung ausspricht und selbst zur letzten Versammlung noch, nachdem es diese Farböffnung zwischenzeitlich endlich gibt, mit einem eigens gestellten Antrag versuchen möchte diese erneut zu reglementieren. Bei Ihren eigenen Würfen Frau Pelikan selbst vor Inzuchtverpaarungen mit einem IK von 18,13 % (was über den Wert einer Halbgeschwisterverpaarung liegt) nicht zurück und ihre Würfe haben im Schnitt über 3x höher Inzuchtwerte, wie der Durchschnitt der anderen Wolfsspitzwürfe im VDH.
Auch das hier Frau Groß-Lambrecht benannt wird, eine Züchterin die bislang nicht ein einziges mal bereit war eine schwarz x weiß Verpaarung zu machen und es stattdessen weiterhin vorzieht Inzuchtverpaarungen von teils über 20%! zu machen. Deren Würfe einen Ahnenverlust von nicht selten über 50%! haben. Das so ein Züchter hier genannt wird, angeblich, weil die Linien nicht jagen, wobei bald jeder weiß, dass die Kautenruh Linien sehr wohl jagen, ist nicht nur eine Beleidigung für jeden Züchter, der sich seit Jahren für die Gesunderhaltung der Rasse einsetzt. Das hier ausgerechnet der Zwinger von Kauthen Ruh beworben wird, der Züchter im VDH mit den höchsten Inzuchtwerten der letzten Jahre, zeigt wie extrem unseriös diese Seite ist. Aber da eine werte Frau Putzer hier ihre Welpen her bezieht, wundert es leider auch nicht wirklich."
Die Orthographie entstammt übrigens der Autorin selbst. Und so fehlerbehaftet wie ihre Rechtschreibung ist auch der Inhalt ihres Kommentares. In der Realität verhalten sich die Dinge nämlich wie folgt:
(1.) Frau Friedericke Pelikan (Zwinger "Fritzi's Wölfe") hat den Antrag gegen die Farbverpaarung nicht gestellt. Sie hat ihn als 1. Vorsitzende der Gruppe Bayern lediglich für die Generalversammlung unterzeichnet, nachdem er auf der Mitgliederversammlung durchgewunken wurde. Der Antrag selbst wurde von einem bayerischen Großspitzzüchter eingebracht.
(2.) Das Halbwissen hinsichtlich der Bedeutung des Inzuchtkoeffizienten (IK) hält sich leider hartnäckiger, als man meinen sollte. Der klassische IK basiert allein auf einer standardisierten Berechnung, welche die Ahnentafel des Hundes zur Grundlage hat. Ein "guter" IK hängt sowohl von der Anzahl der mit in die Berechnung einbezogenen Generationen ab, als auch von der Vollständigkeit der Ahnentafel. Auch haben nach dieser Berechnung alle Wurfgeschwister beispielsweise den gleichen IK, was der Realität diametral entgegensteht, denn zwei Hunde mit gleichen Inzuchtkoeffizieten können durchaus stark unterschiedliche Inzuchtniveaus haben. Mittlerweile ist man jedoch in der Lage, den sogenannten "genetischen Inzuchtkoeffizienten" zu berechnen. Der genetische IK ist die genaueste Methode zur Messung der Inzucht. Im Gegensatz zu den theoretischen, stammbaumbasierten IK-Berechnungen bewertet der genetische IK die tatsächlichen DNA-Stücke des Hundes, um festzustellen, welcher Anteil auf Inzucht zurückzuführen ist. Der genetische IK kann daher Inzucht in weit mehr vergangenen Generationen erkennen, sowie bessere Informationen liefern, als dies über Stammbaumberechnungen auch nur annähernd möglich ist. Wer mehr dazu wissen möchte, möge sich bitte Google oder entsprechender Fachlektüre bedienen - oder für immer schweigen.
(3.) Die Züchterin Roswitha Gross-Lambrecht ("von Kauthen Ruh") hat die Anpaarungen mit den hohen Inzuchtkoeffizienten auf Basis des beschriebenen genetischen IKs (siehe 2.) durchgeführt. Dieser basierte auf der von Frau Dr. Ina Pfeiffer (Genocanin) in den Jahren 2006/2007 durchgeführten Clusterstudie, in deren Rahmen auch die "gengestützte Anpaarung" (Auswahl von Rüde und Hündin auf Basis der Genetik) angeboten wurde. Ihr Vorgehen war also sicherlich wesentlich zielführender, als die klassische Vorgehensweise, die sich zu einem Wettbewerb des sich-gegenseitig-Unterbietens beim IK pervertiert hat. "Hauptsache nicht mehr als ein IK von 1,5%, der Rest ist egal." Jaja, wenn doch alles nur so einfach wäre, wie das Weltbild mancher.
(4.) Frau Gross-Lambrechts schwarzer Rüde "Brit z Bratislavy", der von ihr unter größtem Aufwand aus Tschechien importiert wurde, hat 2003 eine weiße Hündin gedeckt ("Buffy vom Steingarten"). Das war damals noch alles ein Riesentheater und bedurfte sehr vieler Anträge und Schreiben an den VfDSp, bis die Genehmigung kam. Frau Gross-Lambrecht ist also quasi die Ur-Mutter der sogenannten "Buntzucht" und nicht ohne Grund fiel im Jahre 2006 in einer ihrer Schwarz-Schwarz-Verpaarungen der weiße Rüde "Hilmar von Kauthen Ruh". Ohne die Zuchtstätte von Frau Gross-Lambrecht und ihre stetigen Bemühungen gäbe es übrigens gar keine schwarzen Großspitze mehr und ergo nichts zum Buntverpaaren, denn ihr Brit war lange Zeit der einzige zur Verfügung stehende Deckrüde, der mit den vorhandenen Zuchthündinnen nicht unmittelbar verwandt war. Sie hat also mehr für den Deutschen Spitz getan, als die meisten. Daher ist es einfach nur dreist, was von solchen Tastaturhelden wie der Kommentatorin in der Öffentlichkeit für unwahre Behauptungen aufgestellt werden!
(5.) Ich selbst habe nichts gegen die Farbverpaarung, allerdings ist sie auch nicht das Wundermittel, als dass sie immer dargestellt wird, denn allein mit bunten Würfen ist für den Großspitz noch rein gar nichts gewonnen. Leider ist genau das zum Sport unter einigen Züchtern geworden, denen es nur noch um möglichst ausgefallene Farben geht und um einen möglichst niedrigen IK. Nun kann man aber nicht behaupten, dass das wirkliche Zuchtziele wären. Hübsch und ausgefallen bunt verkauft sich vielleicht gut, aber hat mit langfristiger Zuchtplanung nichts zu tun.
Eine Frechheit ist es allerdings, alteingesessenen Züchtern einen Vorwurf draus zu machen, dass sie lieber farbrein züchten möchten! Es muss dort doch niemand einen Hund kaufen! Und ich habe ja bereits in Punkt (4.) erwähnt, dass Roswitha Gross-Lambrecht gegen alle Widerstände bereits vor 20 Jahren eine Schwarz-Weiß-Verpaarung zustande gebracht hat und sehr wohl weiße Ahnen in ihrer Zucht hat. Neben der Genpoolerweiterung war der Halterin der weißen Hündin damals besonders wichtig, dass der Deckrüde keinen (!) Jagdtrieb hat - denn Buffy vom Steingarten war dem Jagen wohl nicht ganz abgeneigt. Soviel also zum Jagdtrieb der Kauthen-Ruh-Hunde. Und wer ist überhaupt dieser "Jeder", der weiß, dass Hunde aus diesem Zwinger jagen? Ist damit die Facebook-Filterblase gemeint oder die echte Welt, in der solche Blitzbirnen wie die Kommentatorin bedeutungslos sind?
Sowohl Frau Gross-Lambrecht als auch Frau Pelikan achten übrigens beide auf Aussehen und Wesen ihrer Nachzucht und lehnen die reine "Papierzucht" ab, sie verfolgen also wirkliche Zuchtziele. Daher möchte ich beide Zwinger an dieser Stelle noch einmal jedem uneingeschränkt empfehlen, der echtes Interesse an einem großen, wesensfesten Spitz hat:
Eins ist offensichtlich: ich scheine bei einigen, sogenannten "Spitzfreunden", einen ganz empfindlichen Nerv getroffen zu haben, was mitunter zu recht brachialen Abwehrreaktionen führt, die in so wirren Aussagen kumulieren, wie in diesem Leserkommentar. Unwahrheiten werden geradezu inflationär postuliert, um von der Sinnhaftigkeit der eigenen Zuchtziele (die ja keine sind) zu überzeugen, während die Realität entweder an das eigene Weltbild angepasst oder gänzlich ausgeblendet wird; all das unter dem Deckmantel der Gefühlsduselei - denn "man möchte ja nur das Beste für den Deutschen Großspitz". Aber schon Paracelsus wusste, dass „die es gut meinen, das sind die schlimmsten“. Die Allerschlimmsten! Daher kann ich mit absoluter Überzeugung sagen: Das einzig Unseriöse hier ist dieser Kommentar!
Aber natürlich hat ein jeder das Recht, die eigene Dummheit ausführlich unter Beweis zu stellen. Quod erat demonstrandum.
Habe die Ehre!
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Edith Steffen (Dienstag, 27 September 2022 19:20)
Ich habe Frau Gross-Lambrecht als eine Züchterin von hohem Fachwissen - und der Bereitschaft, dieses Wissen auch zu teilen - kennengelernt.
Aber die ""möglichst-niedriger-IK-Hysterie" ist ja so weit verbreitet (egal ob VdH- odr IHV-Züchter), dass nicht mehr viel Raum und Bereitschaft bleibt, anständig zu diskutieren oder überhaupt nur Zuzuhören - schade !